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Mailing Liste zu Zwangsarbeit im NationalsozialismusBericht vom Oktober 2001 Am 26. Januar 2001 fand in Berlin unter dem Titel “Berliner Initiative zur Erforschung der NS-Zwangsarbeit” eine Tagung statt. Auf dem Treffen wurde durch den Verfasser dieses
Beitrags erstmals das Projekt “Internet-Forum zur Zwangsarbeit” vorgestellt und die Mailing Liste “NS-Zwangsarbeit” ins Leben gerufen. Diese hatte innerhalb weniger Tage, bis Ende Januar, 25 Teilnehmer/innen –
überwiegend aus dem Berliner Raum. Heute (Stand 20.10.2001) sind es über 200 Listenmitglieder – deutschlandweit, aber auch aus den Niederlanden, Österreich, sowie einzelne Teilnehmer aus Dänemark, der Schweiz, Italien,
Großbritannien, der Ukraine und den USA.Sie arbeiten beispielsweise in Stadtarchiven (von Aachen über Hamburg und Salzburg bis Witten), in Landes-, Staats- oder Unternehmensarchiven. Es sind Forschungs- und
Begegnungsprojekte wie die Berliner Geschichtswerkstatt, das Institut für Kriegsfolgenforschung in Graz oder die Stichting Holländerei, aus denen Personen an der Mailing Liste teilnehmen. Andere kommen aus
Einrichtungen, die an der Umsetzung des Stiftungsgesetzes arbeiten (z. B. Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft, Bundesverband NS-Beratung in Köln sowie einzelne Koordinierungsstellen der Länder). Es gibt etliche
Teilnehmer/innen, die zum Thema “Kirche und Zwangsarbeit” forschen, andere aus Museumsprojekten und aus Gedenkstätten. Über die Liste stehen Schulen mit ihren Projekten miteinander im Austausch ebenso wie regionale
Initiativen oder einzelne ehemalige Zwangsarbeiter bzw. Interessenvertretungen. Jedoch sind es vor allem Einzel-Personen und weniger Institutionen, die an der Liste teilnehmen. Wichtiger Impuls für die Gründung der
Mailing Liste war nämlich die Feststellung, dass sich offizielle Stellen sehr schwer damit taten, wenn es darum ging, für Zwangsarbeiter/innen tätig zu werden oder wenigstens ins Gespräch zu kommen. Notwendig war
es daher, den Austausch von “unten”, von der Basis in Gang zu bringen, dort wo sich Menschen wissenschaftlich und/oder politisch engagieren. So verstehe ich auch heute noch die Mailing Liste: Ein effektives
Instrumentarium, von einzelnen Personen zur Kommunikation genutzt, was auch ihrer Arbeit zugute kommt (damit ebenfalls den Einrichtungen, in denen sie arbeiten) und letztlich dazu dienen soll, schnell und
unproblematisch im Sinne der Zwangsarbeiter/innen tätig zu werden. Wie man “oben” den Austausch sieht, belegt die Tatsache, dass weder die Bundesstiftung “Erinnerung, Verantwortung, Zukunft” noch der Internationale
Suchdienst in Arolsen Interesse an der Liste bekundeten, obwohl in den ersten Monaten des Jahres Vertreter dieser Einrichtungen darauf angesprochen und zur Teilnahme eingeladen wurden. Die Mailing Liste ist
unmoderiert, dies bedeutet, dass jedes Mitglied die Möglichkeit hat, Beiträge zu schreiben, die sofort und ohne weitere Kontrolle durch Moderatoren allen anderen Listenmitgliedern zugänglich sind. Ferner handelt es sich
um eine sogenannte “private” Liste: Um Mitglied zu werden, ist eine persönliche Anmeldung an der Adresse nötig. Zu dieser Anmeldung gehört auch eine Vorstellung der/des neuen Interessenten/in mit Angaben zur
Person und speziellem Interesse sowie bisheriger Arbeit zum Thema Zwangsarbeit; ferner ggf. institutionelle Einbindung, bibliographischen Angaben und Homepage. Schliesslich ist Grundvoraussetzung der Liste, dass alle
Listenteilnehmer/innen übereinander Bescheid wissen. Etwa in sechswöchigem Turnus wird daher eine aktuelle Mitgliederliste veröffentlicht. In den ersten Monaten wurde die Liste über den Listenserver KBX7 betrieben;
seit Juni 2001 über das Historische Centrum Hagen, welches schon lange mit seiner hervorragenden Seite zum Thema “Zwangsarbeit im Nationalsozialismus” Maßstäbe setzt. Es lag nahe, dort auch das überregionale
Kommunikationsmedium Mailing Liste zu verankern ( http://hclist.de/mailman/listinfo/ns-zwangsarbeit/
). Die Listenadministratoren sind Bernhard Bremberger und seit Juni 2001 auch in Vertretung Cord Pagenstecher, beide aus Berlin.* Ankündigungen
von Veranstaltungen, Ausstellungen und Neuerscheinungen, Informationen über Archive – das ist der eine Aspekt der Mailing Liste. * Eine große Rolle spielt aber auch der Erfahrungsaustausch darüber, wie die
“Entschädigung” in die Praxis umgesetzt wird, beispielsweise wie in den einzelnen Ländern mit den ausgestellten Nachweisen und Plausibilitätserklärungen umgegangen wird und welche Konsequenzen hier daraus zu ziehen
sind. * Auch in der Frage nach einzelnen Nachweisen können sich die Listenmitglieder untereinander helfen – wiewohl die Liste hier nicht einem offiziellen Verbund vorgreifen möchte. * Informationen zu einzelnen
regionalen Firmen können überregional ausgetauscht werden, auch zu einzelnen Lagern – und wenn beispielsweise Fragen zu lokalen Gegebenheiten in Schleswig-Holstein durch einen Listenteilnehmer aus Österreich geklärt
werden können, so zeigt dies, wie eminent wichtig gerade die Kommunikation über Landesgrenzen hinweg ist. Die Liste ist auf Privatinitiative entstanden, sie wird in Privatinitiative weitergeführt und zeigt auch, dass
es möglich ist, einen Austausch in Gang zu bringen, wenn man wirklich daran interessiert ist. Damit ist sie auch ein Gegenbeispiel für offizielle Stellen, die nicht (oder nur nach sehr langem Ver-Zögern) in der Lage
sind/waren, ihre “Hausaufgaben” im Sinne der Zwangsarbeiter/innen zu machen. Bernhard Bremberger, 20.10.2001 |